Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, fordert eine schnelle Lösung für den jetzt auslaufenden "Fonds Sexueller Missbrauch", der Opfer insbesondere von Kindesmissbrauch finanziell unterstützt.
"Es ist die Aufgabe des Staates, Kinder und Jugendliche zu schützen und Verantwortung zu übernehmen, wenn dieser Schutz in der Vergangenheit nicht ausreichend gewährleistet war", sagte Claus am Freitag. "Dass sich der Staat jetzt fast geräuschlos aus der Verantwortung stiehlt, ist ein desaströses Signal für Betroffene und ein Armutszeugnis für die Politik."
Am Mittwoch hatte das Bundesfamilienministerium bekannt gegeben, dass Erstanträge nur noch bis zum 31. August 2025 gestellt werden können und Auszahlungen nur noch bis Ende 2028 erfolgen. Diese Entscheidung bedeute, so Claus, das faktische Ende eines der wichtigsten Hilfesysteme für Betroffene sexueller Gewalt. Der 2013 eingerichtete Fonds ermöglicht Betroffenen, Sachleistungen in Höhe von bis zu 10.000 Euro zu beantragen. Der Fonds sei eine zentrale Errungenschaft des Runden Tisches "Sexueller Kindesmissbrauch" (2010-2011) und habe dort Hilfe geboten, wo andere Hilfesysteme wie das Opferentschädigungsrecht nicht greifen könnten, weil Betroffene die erlebte Gewalt nicht oder nicht mehr hinreichend beweisen könnten.
Es sei bereits seit April letzten Jahres bekannt, dass seitens des Bundesrechnungshofs rechtliche Mängel bei der Aufstellung des Fonds gesehen würden, so die Missbrauchsbeauftragte weiter. "Diese Zeit wurde nicht genutzt, um nahtlos ein Nachfolgemodell zu etablieren." Kritik äußerte Claus auch daran, dass die Öffentlichkeit und Betroffene erst vor zwei Tagen über die Medien von der neuen Richtlinie erfahren hätten, die aber bereits zum 1. Januar in Kraft getreten war.
"Erneut wurden die wichtigen Prämissen in der Kommunikation mit Betroffenen - Transparenz, Kommunikation auf Augenhöhe, Betroffene nicht zu Bittstellern machen - missachtet", so Claus. Die Abschaffung des Fonds ohne adäquaten Ersatz sei eine Missachtung der Lebensrealität von Betroffenen und zeige die fehlende Anerkennung ihrer Biografie. Die Einstellung, auch von Vorauszahlungen, zwinge Betroffene, in Vorleistungen zu gehen. Fachberatungsstellen zufolge können 90 Prozent der Betroffenen diese finanzielle Last nicht stemmen.
Claus forderte: "Die Politik muss jetzt schnell eine Alternative schaffen, die für Betroffene leicht zugänglich, dauerhaft, rechtssicher und haushaltskonform ist." Diese müsse nahtlos an den bisherigen Fonds anschließen, um eine Weiterzahlung von Leistungen ohne Unterbrechungen zu ermöglichen. "Ich erwarte von den Koalitionspartnern, dass dies jetzt entsprechend im Koalitionsvertrag vereinbart wird."