Im Ringen um eine klimafreundlichere Zukunft von Deutschlands größtem Stahlhersteller Thyssenkrupp Steel Europe (TKSE) dringt Vorstandssprecher Dennis Grimm auf Zugeständnisse der Politik.
"Wir sehen, dass weder die Wasserstoffmengen noch die wettbewerbsfähigen Preise noch die Netze rechtzeitig entstehen", sagte Grimm dem "Spiegel". "Deshalb werden wir vermutlich Erdgas länger nutzen als bisher geplant."
TKSE lässt in Duisburg eine etwa drei Milliarden Euro teure Direktreduktionsanlage bauen, die Eisenerz zunächst mit Erdgas und im Laufe der Zeit mit Wasserstoff verarbeiten soll. Der Bund und das Land Nordrhein-Westfalen fördern das mit bis zu zwei Milliarden Euro, wollen damit aber explizit die Wasserstoffwirtschaft ankurbeln. "Unser Projekt ist und bleibt ein Wasserstoffprojekt", verspricht Grimm. "Wir brauchen aber politische Klarheit."
Trotz der Unsicherheiten wolle TKSE den Bau in der Zwischenzeit nicht unterbrechen: "Wir werden die Direktreduktionsanlage fertig bauen, und wir werden sie betreiben", so Grimm. Thyssenkrupp Steel hatte im November angekündigt, zwei von vier Hochöfen bis 2030 stilllegen zu wollen. Grimm kann sich nun auch vorstellen, einen der verbleibenden Hochöfen über 2035 hinaus zu betreiben, wenn das CO2? abgeschieden und eingelagert wird: "Dazu müsste diese Technologie zur Verfügung stehen, erlaubt und akzeptiert sein, wenn das dann eine nachhaltig bessere Lösung als der Einsatz von Wasserstoff wäre", erklärte Grimm.
Oder aber der Rohstahl zur Weiterverarbeitung kommt in Zukunft gar nicht mehr aus Duisburg: "Es ist auch Teil unserer Überlegungen, Brammen auf dem Weltmarkt zuzukaufen." Grimm weist die Kritik des Betriebsrats zurück, wonach er das Hüttenwerk halbieren wolle. TKSE wolle die Produktionskapazität von 11,5 auf ein Versandniveau von etwa neun Millionen Tonnen Stahl pro Jahr senken. "Das ist aber keine Halbierung der Hütte", so Grimm. Es entspreche der Menge, die TKSE zuletzt verkauft habe.
Der Manager ruft die IG Metall zu Verhandlungen auf: "Wir wollen ab Januar Gespräche zum Stellenabbau und der möglichen Schließung in Kreuztal führen", so Grimm. TKSE plant, 5.000 Stellen abzubauen und einen Weiterverarbeitungsstandort in Kreuztal im Siegerland zu schließen. Die IG Metall weigerte sich bislang, über die Pläne zu verhandeln.