Die Demokratie-Historikerin Hedwig Richter hat vor der Bundestagswahl am Sonntag Vergleiche der gegenwärtigen Lage mit der politischen Krise der Weimarer Republik kritisiert.
"Der Vergleich mit Weimar ist eher irreführend, wir haben heute andere Probleme", sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstagausgabe). "In Weimar herrschten etwa massive Armut und Hunger. Heute erfordern Globalisierung, Migration und Klimawandel schnelle Veränderungen."
Zwar wären Demokratien grundsätzlich fähig, die Krisen der Gegenwart zu lösen, erklärte die Historikerin. Es fehle aber oft "an Mut seitens der demokratischen Parteien, die Bevölkerung mitzunehmen".
Forderungen nach mehr direktdemokratischen Elementen erteilte Richter derweil eine Absage. "Moderne, differenzierte Gesellschaften sind kaum direktdemokratisch regierbar", sagte sie. "Keiner kann sich in alle Bereiche kompetent einarbeiten, ein normaler Bürger hat ja auch einen Job. Es ist also sinnvoll, dass einige Personen das hauptberuflich machen - und dafür gewählt werden."
Hedwig Richter ist Professorin für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität der Bundeswehr in München. Über Demokratie und Wahlen hat sie mehrere Bücher verfasst, unter anderem "Moderne Wahlen. Eine Geschichte der Demokratie in Preußen und den USA im 19. Jahrhundert" sowie "Demokratie. Eine deutsche Affäre".