Steuerexperten führender Wirtschaftsforschungsinstitute halten die Steuerpläne der SPD für unrealistisch.
"Das Problem des SPD-Steuerkonzepts ist, dass der Partei eine Gegenfinanzierung der Steuerentlastung durch das obere Prozent vorschwebt", sagte Martin Beznoska, Steuerexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), der "Welt". Die oben erzielbaren Mehreinnahmen seien zu gering, um unten nennenswert zu entlasten.
"Das Entlastungsvolumen einer derartigen Reform für die unteren 95 Prozent liegt bei knapp sieben Milliarden Euro - also eine Mini-Entlastung", sagte Beznoska. Er nahm dabei unter anderem an, dass der Spitzensteuersatz später greift und der Reichensteuersatz auf 48 Prozent erhöht wird, so wie zuletzt vom Seeheimer Kreis vorgeschlagen.
Ein höheres Volumen sei nur dann möglich, wenn die Spitzensteuersätze auf mehr als 50 Prozent erhöht würden. "Wollte man eine echte Reform mit einem Entlastungsvolumen von zum Beispiel 30 Milliarden Euro von dem oberen Prozent der Einkommensteuerzahler gegenfinanzieren, so müsste der Spitzensteuersatz in Bereiche von 52 Prozent und der Reichensteuersatz auf 55 Prozent steigen", sagte Beznoska. Das seien absurd hohe Steuersätze vor dem Hintergrund, dass diese als Grenzsteuersätze auch Fachkräfte, Führungskräfte und Einzel- und Personenunternehmen träfen, deren aktuelle Steuerbelastung im internationalen Vergleich ohnehin schon sehr hoch sei.
Kritisch sieht die Pläne auch Stefan Bach, Steuerexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Selbst wenn man bei den obersten drei Prozent ansetzt, kommt er in einer groben Rechnung nur auf jährliche Mehreinnahmen in Höhe von vier Milliarden Euro. "Damit kann man die gebeutelte Unter- und Mittelschicht nicht nennenswert entlasten", sagte Bach. Ein Durchschnittsverdiener spare dadurch gut 100 Euro im Jahr. "Das sind zwei Cappuccinos im Monat", sagte der Wirtschaftsforscher des DIW.