Der ehemalige deutsche Botschafter in Washington, Wolfgang Ischinger, hält die Idee von europäischen Friedenstruppen in der Ukraine für "abwegig".
"Zum einen bräuchte man dafür sehr viele Truppen. Zum anderen: Wenn man eine solche Operation startet, muss man überlegen, wie groß die Risiken sind. Was passiert denn, wenn wirklich der nächste russische Angriff beginnt? Sind wir dann imstande, diesen Angriff zurückzuschlagen?", sagte er dem "Stern".
Ischinger, von 2001 bis 2006 Botschafter in Washington, später langjähriger Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, glaubt nicht, dass die USA unter Donald Trump sich friedenssichernd engagieren würden, er sieht diese Rolle eher bei anderen Staaten: "Das müssten Truppen sein aus Indien, Pakistan, Brasilien oder Indonesien, vielleicht auch die Chinesen, wenn die wollen. Und es müsste ein Mandat sein, das von der UN abgesegnet ist."
Gegenüber Russland müsse Härte ausgesendet werden, aber auch Verhandlungsbereitschaft hinsichtlich einer möglichen Mitgliedschaft der Ukraine in der Nato: "Natürlich könnte es sein, dass das am Schluss, wenn alle anderen Dinge geregelt sind, der einzige Punkt ist, der einer Lösung im Wege steht. Dann muss man darüber reden." Für einen Frieden sei in jedem Fall ein Dialog zwischen Moskau und Washington notwendig: "Wenn es diese amerikanisch-russische Gesprächsebene nicht gibt, dann gibt es auch keine Ukraine-Vereinbarung".
Angesichts der Drohungen Donald Trumps gegenüber Kanada oder Grönland rät Ischinger nicht in Panik zu verfallen. "Er ist ein Meister der Ablenkung. Das Thema, bei dem wir eigentlich Action erwarten würden, ist das von ihm vollmundig angekündigte Manöver, mit Putin in 24 Stunden das Ukraine-Problem zu lösen. Es deutet sich an, dass das in 24 Stunden nicht zu machen ist. Da ist es natürlich prima, wenn man über Panama, Grönland und Kanada Dinge sagen kann, über die sich alle Welt aufregt."
Ischinger, von 2001 bis 2006 Botschafter in Washington, sieht allerdings die Gefahr, dass die Polemiken des Trump-Gefährten Elon Musk gegenüber ausländischen Politikern das Vertrauen in die Rolle der USA als "gutmütigen Hegemon" dramatisch sinken lassen. "Die USA riskieren, diese Rolle zu verlieren, wenn sie wie ein Schulhofschläger in der Weltgeschichte operieren."
Auch hier empfiehlt er Gelassenheit: "Wir dürfen uns nicht aus der Ruhe bringen lassen durch einen demokratisch von niemandem legitimierten reichen Amerikaner. Musk ist ein wichtiger Industrieller, der Freude an politischen Einlassungen hat, die große Unkenntnis der Verhältnisse in Deutschland an den Tag legen."