Die Vorfreude der deutschen Fußballfans auf die Heim-Europameisterschaft ist nach Einschätzung des Fanforschers Harald Lange verhalten.
Schuld sei der Deutsche Fußballbund (DFB). "Der DFB ist zum Feindbild geworden", sagte Lange, der das Institut für Fankultur an der Universität Würzburg leitet, dem "Tagesspiegel" (Donnerstagausgabe).
Auch die Identifikation mit der deutschen Nationalmannschaft habe gelitten, sagte der Sportwissenschaftler. Dem Kicker auf der Straße falle es zunehmend schwer, sich mit dem Produkt Nationalmannschaft zu identifizieren. "Denn genau das ist die Nationalmannschaft geworden, ein Produkt. Perfekt durchgeplant, aber ohne Seele", kritisiert der Fanforscher. Der DFB habe die Identifikation, das Bindeglied für jede Fankultur, leichtfertig aufs Spiel gesetzt, aber bis heute nicht verstanden, wie groß dieser Verlust ist. "Man setzt auf den Event-Fan, die große Masse, aber man vernachlässigt die Mitglieder an der Basis. Das ist fatal", so Lange.
Echte Fans vergraule der DFB, indem der Verband immer wieder mit Aktionen auffalle, die sich gegen die Fankultur richteten. "Es werden inzwischen drakonische Strafen verhängt, wenn jemand Pyrotechnik zündet", gibt Lange zu bedenken. Aber je mehr Strafen es gebe, desto mehr Böller würden ins Stadion gebracht. "Die Fans wollen sich nicht drangsalieren lassen", sagte der Fanforscher.