Die Ereignisse in Syrien sind für Michael Roth, den Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Anlass zur Selbstkritik.
"Wir haben das nicht vorhergesehen, abermals wurden wir kalt erwischt. Unsere strategische Vorausschau scheint nach wie vor unterbelichtet zu sein", sagte der SPD-Politiker dem "Tagesspiegel" (Montagsausgabe).
"Von politischen Profis dürfen wir in dieser krisengeschüttelten Welt erwarten, dass sie strategisch besser aufgestellt sind." Roth räumte gegenüber der Zeitung ein, dass es eine falsche Lageeinschätzung gab. "Wir haben Syrien als eingefrorenen Konflikt betrachtet und uns anderen Krisen gewidmet", so der Bundestagsabgeordnete. "Und was ist eigentlich mit den Nachrichtendiensten?"
Aus Roths Sicht hätten insbesondere die nach Deutschland geflohenen Syrer "für uns Seismografen für die kommenden Erschütterungen sein können". Er sei "beunruhigt", dass die Politik "so wenig auf eine solche dramatische Veränderung in einer für uns wichtigen Region vorbereitet" sei. "Syrien hätte uns mehr interessieren müssen", sagte er.
Der SPD-Politiker mahnte "einen möglichst rationalen Umgang" mit dem migrationspolitischen Aspekt der jüngsten Ereignisse an, die "nicht populistisch im Wahlkampf ausgeschlachtet werden" sollten: Es wäre "fatal", jetzt die Erwartung zu schüren, dass alle Syrer "binnen weniger Wochen Deutschland verlassen könnten".
Sicherlich würden viele von ihnen "beim Wiederaufbau eines freien Syrien" helfen wollen, man müsse nun aber "Geduld aufbringen" bis zu einer Klärung der politischen Lage: "Es besteht die Chance auf ein friedliches Land, in das die Syrer wieder werden zurückkehren können."