17.04.2025 - 11:30 Uhr

Psychiatrie-Kongress mit über einer Million Euro gesponsert

Berlin/München - Unheilige Allianz zwischen Psychiatrie und Pharmaindustrie? KVPM fordert Aberkennung des Status als medizinische "Fortbildung" – Ärztekammer Berlin schweigt.

"Fortbildung" – Ärztekammer Berlin schweigt1,2 Millionen Euro Sponsoring – der Menschenrechtsverein Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte Deutschland e.?V. (KVPM) kritisiert den DGPPN-Kongress als Marketingveranstaltung und fordert Konsequenzen.Der Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) fand vom 27. bis 30. November 2024 in Berlin statt – mit rund 9.000 Teilnehmenden und 600 Veranstaltungen. Der Kongress wurde von der Ärztekammer Berlin als medizinische Fortbildung anerkannt. Doch das massive Sponsoring – allein 1,2 Millionen Euro, insbesondere von Pharmaunternehmen – wirft laut der KVPM grundlegende Fragen zur Unabhängigkeit psychiatrischer Fortbildung auf."Die Unabhängigkeit ärztlicher Meinungsbildung ist nicht mehr gewährleistet, wenn Psychiatrie-Kongresse von der Industrie finanziert und trotzdem als medizinische Fortbildung anerkannt werden", so Bernd Trepping, Vorstand der KVPM Deutschland e.?V.Im Vorfeld des DGPPN-Kongresses hatte die KVPM eine fundierte schriftliche Beschwerde an die Ärztekammer Berlin gerichtet und die Aberkennung des Fortbildungsstatus gefordert – mit Verweis auf erhebliche Interessenkonflikte sowie auf Hersteller von Elektroschockgeräten, die prominent als Sponsoren auftraten. Eine Reaktion auf diese Eingabe steht auch vier Monate nach Kongressende weiterhin aus.Zustimmung auch aus FachkreisenDie Kritik der KVPM wird nicht nur von Menschenrechtsaktivisten geteilt. Ein Psychiater und Vorstand eines medizinethischen Fachverbands erklärte schriftlich, er halte die Forderung für "absolut richtig und unterstützenswert", insbesondere im Hinblick auf mehr Transparenz bei der Finanzierung psychiatrischer Kongresse.Wanderausstellung "Psychiatrie: Tod statt Hilfe" vor dem KongressZeitgleich zum DGPPN-Kongress protestierte die KVPM auf dem Außengelände und zeigte dort die internationale Ausstellung "Psychiatrie: Tod statt Hilfe" der Citizens Commission on Human Rights (CCHR). Auf 14 Stellwänden wird die Chronologie psychiatrischer Missstände von den Anfängen bis zur Gegenwart dokumentiert.An drei Tagen strömten über 500 Besucher:innen in die Ausstellung, darunter zahlreiche Psychiater, Pflegekräfte und Psycholog:innen. Zur Bewerbung wurden im gesamten Berliner Stadtgebiet rund 3.000 DIN-A1-Plakate platziert, die breite Aufmerksamkeit erzeugten.Für besondere Resonanz sorgte der Hinweis einer Referentin des DGPPN-Kongresses, die in ihrem Fachvortrag die Teilnehmenden ausdrücklich aufforderte, die Ausstellung zu besuchen, um sich ein vollständigeres Bild von den Menschenrechtsverletzungen in der Psychiatrie zu machen. Ihrem Aufruf folgten mehrere Besucher unmittelbar.Zahlreiche Psychiater äußerten sich gegenüber dem Team der KVPM lobend – viele betonten ausdrücklich, diese Ausstellung gehöre nicht vor, sondern in den Kongress hinein. Auch Dr. Fritz Reimers, langjähriges Vorstandsmitglied der DGPPN und ehemaliger Klinikleiter, besuchte die Ausstellung eingehend. Er erklärte: Die Ausstellung sei "überspitzt, aber sehr wertvoll" – und unterstützte die Forderung der KVPM, die Rolle der Psychiatrie im Nationalsozialismus müsse konsequent aufgearbeitet werden.Internationale Aufmerksamkeit wächstDie Ausstellung "Psychiatrie: Tod statt Hilfe" wurde bereits in 25 deutschen Städten gezeigt und zählt über 130.000 Besucher:innen. Auch 2025 sind weitere Stationen in Deutschland, Europa und international geplant.Weltweite Leitlinien: Zwang stoppenDie KVPM kritisiert die bisherige Untätigkeit der Berliner Ärztekammer als gravierendes Versäumnis. "Gerade angesichts der neuen WHO- und UN-Leitlinien gegen psychiatrische Zwangsmaßnahmen ist es unverantwortlich, bestehende Abhängigkeiten von Industrieinteressen nicht zu hinterfragen", so Trepping. Man werde die Ärztekammer erneut zur Stellungnahme auffordern – und das Thema auch auf internationaler Ebene weiterverfolgen.Gesetzliches Verbot von Elektroschocks gefordertAm Freitag, den 29. November 2024, demonstrierten Menschenrechtler:innen aus ganz Deutschland gemeinsam mit der KVPM in Berlin gegen die Anwendung von Elektroschockbehandlungen (EKT). Die Aktivisten fordern ein gesetzliches Verbot dieser Methode sowie das Ende von psychiatrischem Zwang, Fesselungen und der erzwungenen Gabe von Psychopharmaka mit teils gravierenden Nebenwirkungen.Die KVPM beruft sich dabei auf die neuen Leitlinien der WHO und der Vereinten Nationen vom 9. Oktober 2023, in denen Zwangspraktiken in der Psychiatrie als beendet erklärtwerden. Die WHO und die UN fordern alle Regierungen weltweit auf, Zwangsmaßnahmen zu verbieten – da diese das "Recht auf Schutz vor Folter oder grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung verletzen."Pressekontakt: Bernd Trepping Vorstand KVPM Deutschland e.?V. E-Mail: info@kvpm.de Tel: 0178?613?7467 Web: https://www.kvpm.de(Ende)Aussender: KVPM Deutschland e.V. Ansprechpartner: KVPM Tel.: +49 89 27 30 354 E-Mail: info@kvpm-deutschland.de Website: www.kvpm.de