Der frühere israelische Premierminister Naftali Bennett hat die Kriegsführung der Regierung von Benjamin Netanjahu scharf kritisiert.
"Die derzeitige Strategie der Regierung ist, das in niedriger Intensität in die Länge zu ziehen", sagte Bennett der "Bild" (Mittwochsausgabe).
Dem Ex-Premier zufolge "gibt es keinen Krieg in Gaza, es sind nur sehr wenige Soldaten dort". Als Premierminister würde er eine andere Strategie verfolgen: "Wir wollen keinen Krieg, aber wenn man einen Krieg gewinnen will, muss er von sehr hoher Intensität und von sehr kurzer Dauer sein. Das war schon immer unsere Strategie."
Er fordert Netanjahus Kabinett auf: "Gewinnt den Krieg ernsthaft oder schließt einen Deal und kämpft an einem anderen Tag weiter." Der "Abnutzungskrieg ist genau das, was der Iran will". Die iranische Regierung, die Bennett als Drahtzieher des Hamas-Krieges sieht, wolle "Israel langsam seiner Energie und Ressourcen berauben. Und wir sollten nicht nach ihrem Drehbuch spielen."
"Wenn es noch keinen Deal gibt, den Hamas bereit ist zu akzeptieren, würde ich den Druck auf Hamas erhöhen, um einen Deal zu erzwingen", fügte er hinzu. "Das ist es, was man in Verhandlungen macht." Stattdessen senke Israel den Druck auf die Hamas, wodurch kein Deal zustande komme.
Das Vorgehen der israelischen Armee verteidigte Bennett, der selbst früher eine israelische Spezialeinheit kommandierte. "Das Verhältnis von zivilen Opfern zu getöteten Terroristen liegt bei etwa 1 zu 1,3, was das Niedrigste in der Geschichte der urbanen Kriegsführung ist." Zivile Opfer sein Teil der Kriegstaktik der Hamas: "Die Arbeitsweise unserer Feinde ist derzeit darauf ausgerichtet, ihre eigenen Opferzahlen zu erhöhen, um genau die öffentliche Meinung im Westen gegen Israel zu wenden."
An Netanjahus politischen Manövern übte er indirekt, aber deutlich Kritik. Israelischen Medienberichten zufolge will Netanjahu den amtierenden Verteidigungsminister Joaw Gallant feuern, der immer wieder durch Kritik am Regierungschef aufgefallen war. "Wenn eine Nation im Krieg ist, erwartet sie, dass alle Entscheidungen professionell getroffen werden", sagte Bennett. Dass es um Israels Interessen gehe, nicht um persönliche. "Die israelische Öffentlichkeit hat nicht das Gefühl, dass dies der Fall ist, und ich würde hoffen, dass die Führer Israels sich daran erinnern, warum sie dort sind: um Israel zu verteidigen und nicht um persönliche Interessen zu verfolgen."